24 Jan. 2024

Alpenüberquerung mit dem Fahrrad - Wenn der innere Schweinehund bellt

by Feuer und Eis Touristik

Eine Alpenüberquerung mit dem Fahrrad ist ein Abenteuer, das jeder gesunde und fitte Radler schafft. Aber auch kein Kinderfasching. Am besten schließt man sich einem Veranstalter an, der sich damit auskennt, den inneren Schweinehund gekonnt zum Schweigen zu bringen. Ein radelnder Selbstversuch zwischen Augsburg und Bozen.

Alpenüberquerung mit dem Rad

Die Hunde kommen mitten in der Nacht. Aus allen Richtungen. Und mit dem Crescendo aus wütendem Bellen schwillt die Panik an. Flucht? Sinnlos! Totstellen? Traue ich mich nicht. Also warten und beten. Dann sind sie da. Und ich mit einem Schlag hellwach. Der Bettpfosten ist härter als die Stirn. 

Nur geträumt. So wie Nena. Ich bin in Sicherheit. Im warmem Hotelbett. In Bozen. Die Desorientierung nach dem Albtraum weicht augenblicklich einer tiefen Entspannung. Nur eine Beule wächst aus der Stirn. Weit und breit keine Hunde. Drei Uhr neunzehn. Alles gut. Auch wenn die letzten Tage mit die intensivsten meines Lebens waren. Meine erste Alpenüberquerung liegt hinter mir. Unzählige Kilometer, schöne Anstiege, noch schönere Abfahrten. Unbeschreibliches Gefühlskino zwischen Euphorie und Anstrengung. Und ich konnte ihn letztendlich doch zum Schweigen bringen, meinen inneren Schweinehund. 

Aber schön der Reihe nach! Wer wie ich die Hälfte seines Lebens hinter sich hat, der rechnet ab. Zählt, was auf dem Konto ist. Wie viele Kinder den eigenen Nachnamen tragen. Was gut und was schlecht im Leben 1.0 lief. Und dann ist er mit einem Mal da: der Wunsch, auszubrechen. Und wenn auch nur auf Zeit. Eine Woche lang allen Alltag zurücklassen, nur mit dem Nötigsten losziehen, jeden Tag neue Horizonte entdecken und am Ende erschöpft, aber glücklich "La Dolce Vita" in Südtirol genießen - eine schöne Vorstellung. Mit dem Fahrrad gen Italien. Das sollte es sein! Meine persönliche Unabhängigkeitserklärung auf schmalen Reifen. 


Scho?ne Radwege in Su?dtirol

Wer das erste Mal mit dem Fahrrad über die Alpen will, vertraut sich besser einem Veranstalter an

Aber wer frei sein will, muss organisieren. Welches ist die beste Route? Wo übernachten? Was mitnehmen? Was daheimlassen? Wie schaffe ich es, nicht irgendwann im Wald zu stehen? Wie komme ich vom Ziel wieder zurück zum Start? Ich bin einfach zu phlegmatisch (und überarbeitet), dass ich aus all den Fragezeichen Ausrufezeichen machen kann. Und will. Also brauche ich Hilfe. Einen Veranstalter, der sich mit sowas auskennt. Wie Feuer und Eis Touristik vom Tegernsee. Ein paar Klicks im Internet, und schon habe ich meine Top-3 im Visier: entweder von München nach Venedig oder auf einer Route namens "Alpe Adria" von Salzburg nach Grado oder von Augsburg nach Bozen. Noch ein bisschen auf der Homepage herumgesurft, und mir ist sonnenklar: Ich will von Augsburg nach Bozen, einer meiner Lieblingsstädte in Südtirol. Auf der "Via Claudia Augusta", sozusagen der Urmutter aller Transalps, will ich über die Alpen kurbeln. Über Fernpass und Reschenpass, deren Namen seit meiner Kindheit, als wir im VW Käfer vom Allgäu an den Lago fuhren, bis heute nachhallen. 

Die Eckdaten klingen verlockend: Sieben Etappen, jeden Tag maximal 500 Höhenmeter - an einem Tag geht es sogar nur bergab! - sowie schöne Hotels in den Etappenorten Landsberg, Schongau, Füssen, Imst, am Reschenpass, Meran und Bozen. Aber das Allerbeste: Feuer und Eis hält mir immer den Rücken frei. Will sagen: Rucksack oder Packtaschen brauche ich nicht, meine Abendgarderobe wird immer von Hotel zu Hotel chauffiert. Und ich fahre schön dem GPS-Track auf dem Handy nach. Ohne nervige Mitradler. Das ist exakt die Freiheit, die ich schon immer gesucht habe! 

Radwege u?ber die Alpen

Zwischen Spannung und Entspannung: Wer das richtige Maß findet, kommt mit dem Fahrrad sicher an

Der Akku ist leer. Also nicht der vom Fahrrad, denn ich fahre Muskelbike. Wenn schon, denn schon. Ich bin platt, kann nicht mehr. Könnte heulen vor Erschöpfung. In meiner Euphorie aus Freiheit und Sorglosigkeit, habe ich den typischen Anfängerfehler gemacht: Ich bin viel zu schnell gefahren. Habe bergauf stur die ganz großen Gänge gekeult, obwohl ich das Stakkato meines Herzrasens in der Halsschlagader mitzählen konnte. Jetzt habe ich einen "Hungerrast": Der Körper schaltet aus Selbstschutz in den Leerlaufgang und lässt dich nur noch das Allernötigste tun. Absteigen, Hinlegen, Trinken, Essen. Der Oberschenkel vibriert wie ein Basslautsprecher, dass ich fast schon lachen muss. Wie peinlich. Nur gut, dass außer meinem inneren Schweinehund niemand zuschaut, wie ich nach einer Stunde Boxenstopp auf einer Wiese irgendwo im Paffenwinkel wieder vorsichtig aufs Rad steige. Hat meine neue Armbanduhr nicht eine Pulsfunktion? Die muss ich morgen dringend ausprobieren. Noch auf der Blumenwiese sitzend, schwöre ich mir, nie wieder über Puls 130 zu fahren.  

Aber auch der mittelalte Mensch erholt sich irgendwann wieder. Und nach dem Mittagessen direkt am Lech in Epfach kommen die Lebensgeister mit einem Halleluja zurück. Das Etappenziel Schongau ist schon zum Greifen nah.

Alpenüberquerer Lohn? Erinnerungen, die ein Leben lang im Oberstübchen eingebrannt sind

Auf einer Mehrtagestour mit dem Fahrrad lernt man ständig dazu: Früh frühstücken, früh los, früh am Tagesziel, früh im Wellnessbereich. Auch eine Lernerfahrung: Wer pfeifen kann, kann quasi unendlich lange radeln. Denn solange die Muskelmotoren mit genug Sauerstoff versorgt werden, läuft‘s (fast) von allein. Apropos laufen: Bin ich froh, dass ich die Alpen radelnd überqueren darf. Und nicht wandern muss. Einmal oben an der Passhöhe angekommen, saust man völlig anstrengungslos (und knieschonend) das Tal hinab. So stellt sich schon am dritten Tag - zwischen Schongau und Füssen – ein Zustand ein, den man "Flow" nennt. Das Gleichgewicht aus Anstrengung und Entspannung. Wenn sich der eigene Körper genau zwischen Über- und Unterforderung kalibriert hat, vergisst er Zeit und Raum. Und arbeitet fast so effektiv wie ein Perpetuum mobile. Man muss nur alle paar Stunden ordentlich Treibstoff oben reinfüllen. Und Abfall unten entsorgen. Alpencross ist eine Art Katharsis: Wer aus eigener Kraft über alle Berge kurbelt, der reinigt Körper und Geist von Müll, der sich über die Jahre angesammelt hat. 

Neuer Tag, neues Tourenglück! Und mit jedem Kilometer gen Süden, mit jedem Pass, den ich bezwinge, steigt das Selbstbewusstsein. Und die Freude, aus eigener Kraft stramm Richtung Ziel zu kurbeln. Die Etappe von Füssen nach Landeck? Easy! Außer für die Augen, die gar nicht wissen, wo sie hinschauen sollen vor lauter Kultur und Natur. Tags darauf geht’s dann über den Reschenpass. Aber da lasse ich mich ganz bequem von Feuer und Eis Touristik hochshuttlen. Man gönnt sich ja sonst nichts. Und dann bin ich auch schon in meinem eigenen gelobten Land: Südtirol. Durchs Vinschgau sausen die Reifen quasi ständig leicht bergab zu den Palmen in Meran.  

Und jetzt ist es drei Uhr neunzehn. Die Hunde waren nur ein böser Traum. Ich habe es geschafft, aus eigener Kraft von Augsburg bis hierher nach Bozen zu radeln. Was bleibt? Erleichterung, Stolz, Vorfreude auf die Familie, eine erste Idee für nächsten Sommer. Und eine Beule an der Stirn. 

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